Tiegeldruckpressen zählen zu den klassischen Druckmethoden. Das Prinzip „Flach gegen Flach“, also eine flache Druckform drückt auf ein flaches Gegenstück, auf dem das Papier liegt, ist die ursprünglichste Druckmethode überhaupt.
Die erste Abbildung zeigt verschiedene Druckmethoden:
- Tiegeldruckpressen (Druckform flach, gegen flachen Gegendruck, Papierbögen)
- Zylinderflachformpressen (Druckform flach, gegen runden Gegendruck, Papierbögen)
- Bogenrotationspressen (Druckform rund, gegen runden Gegendruck, Papierbögen)
- Rollenrotationspressen (Druckform rund, gegen runden Gegendruck, Papierrolle)
Hier geht es nun um die Tiegelpressen.
In den Druckereien standen bis weit in den 1980er Jahren sogenannte Original Heidelberger Tiegel, kurz OHTs. Heute sind diese Tiegeldruckautomaten immer noch begehrt, da sie in „Letterpress“-Shops eingesetzt werden (ein Beispiel https://www.bleisatz.ch/letterpress).
1983, dem Jahr als ich meine Ausbildung zum Drucker begann, konnte ich ein paar Monate an einem OHT arbeiten. Damals ahnte ich nicht, dass ich diese Maschine später in Museen wiedersehen würde.
Die Farbe wird in den Farbkasten gefüllt. Der Farbkasten ist ein Vorratsbehälter, den der Drucker im Auge behalten muss. Ist er leer, gelangt keine Farbe mehr auf die Druckform, der Ausdruck wird blass. Der Farbheber überträgt vom Duktor, der sich im Farbkasten dreht, die Druckfarbe auf die weiteren Walzen des Farbwerks, bis hin zu den Farbauftragswalzen, die die Druckform einfärben. Die Farbmenge wird am Farbkasten über die Zonenschrauben dosiert. Kommt zuwenig Farbe auf der Druckform an, bleibt das Druckbild blass. Bei zuviel Farbe kann das Druckbild vermatschen und es besteht die Gefahr, das der Druck ablegt, d.h. die übermäßige Farbe klebt auf der Rückseite des nächsten Papiers. Dies muss also korrekt eingestellt werden. Dem Ablegen kann etwas entgegen gewirkt werden, in dem auf jedes Blatt ein wenig Puder gesprüht wird. Dazu gibt es den Puderapparat, der dies automatisch macht. Allerdings ist dies eine große Sauerei, denn die ganze Druckmaschine wird dadurch schneeweiß und bei zuviel Puder merkt man dies auch bei den fertigen Drucken – das Puder liegt störend auf den fertigen Drucken.
Die druckenden Bestandteile der Druckform sind einzelne Buchstaben aus dem Handsatz, ganze Zeilen aus dem Maschinensatz, sogenannte Klischees (z.B. Bilder) oder Druckformen aus Fotopolymerplatten (Nyloprints). Die Zeilenzwischenräume werden mit sogenannten Regletten erzeugt, die wie die Einzelbuchstaben und die Zeilen aus Blei sind. Der Schriftsetzer bindet um den Satz (die Druckform) eine Kordel. Transportiert wird der Satz mit einem sog. Schiff. Dazu muss der Satz vom Arbeitsplatz des Setzers auf das Schiff geschoben werden. Ist die Kordel nicht stramm genug oder man stellt sich ungeschickt an, kann es sein, dass Teile der Druckform oder die ganze Druckform zu Boden fallen. Ein Disaster.
Für den Druck wird der Satz im Schließrahmen befestigt. Das macht der Drucker an der Druckmaschine. Die Position des Satz bestimmt, wo auf dem Papier gedruckt wird. In der folgenden Abbildung sieht man den Satz am rechten Rand, dadurch kommt das Druckbild auf den oberen Teil einer A4-Seite. Da der Satz kleiner ist als der Schließrahmen, wird der restliche Zwischenraum mit Stegen und den Schließzeugen ausgefüllt. An den Schließzeugen sind Backen, die man mit einem Schlüssel herausdrehen kann, sodass auch die letzte Lücke im Schließrahmen gefüllt wird. Dies alles muss 100% fest sein, damit kein Bestandteil der Druckform beim Transport in die Druckmaschine und beim Druckprozess (Fortdruck) heraus fallen kann. Dies käme dem obigen Disaster gleich.
Ist der Schließrahmen geschlossen, wird er in die Druckmaschine eingehangen. Nun wird die Maschine und die Druckform für den Fortdruck vorbereitet.
Der Papierfluss bei einem Tiegel geht von Links in der Anlage, wo das Papier vorgestapelt ist, über die Druckform in der Mitte, hin zur Ablage auf der rechten Seite der Druckmaschine. Zunächst wird das Papier von Düsen angesagt, ein Greifer (Karl Gilkes Propellergreifer) nimmt sich ein Blatt und zieht es auf die Druckform. Nun klappt der Tiegel zu und drückt die Farbe mit Kraft auf das Papier. Der Tiegel öffnet sich wieder und der Greifer transportiert das Papier zur Ablage. Dort lässt der Greifer den Papierbogen los und der Puderapparat sprüht etwas Puder aufs Papier.
Dieser ganze Prozess läuft vollautomatisch, sodass der Drucker eigentlich woanders hingehen kann. Tut er aber nicht. Er überwacht nun den Fortdruck: Überprüft, ob keine Doppelten gezogen werden (zwei oder mehr Papierbögen wurden beim Druckvorgang statt nur einem Bogen transportiert. Das erste dieser Blätter hat einen viel zu starken Druck, die anderen Blätter sind ohne Farbe, also Makulatur. Makkus sind schlecht, da nun ein Teil der Auflage fehlt. Ist die Auflage beispielsweise 50 Stück, dann hat der Drucker vielleicht 10 Papierbogen mehr zum Einrichten der Maschine. Werden ständig Doppelte gezogen, dann kann es sein, dass man nicht mehr auf die 50 Stück kommt und der Drucker Papierbögen nachbestellen muss) und ob die Farbführung konstant bleibt. Dies sind ständige Regel- und Steuerprozesse. Der Drucker muss vielleicht Einstellungen am Farbkasten korrigieren oder bei einer großen Auflage Papier nachfüllen und die fertigen Drucke aus der Auslage nehmen.
Wie gesagt verläuft der Prozess von Links nach Rechts. Dabei kann bei einem Druckgang nur eine Farbe aufgedruckt werden. Für eine zweite Farbe müssen Druckform und Druckmaschine umgerüstet werden. Das Farbwerk der Maschine muss gereinigt werden. Die zweite Druckform wird vorbereitet. Die zweite Farbe wird angemischt und in den Farbkasten gefüllt. Die Auflage wird nach einer Trockenzeit der Druckfarbe wieder in die Maschine gestapelt und der ganze Prozess beginnt von Vorne.
Eine Zwei- oder Mehrfarbenmaschine ist bei diesem Prinzip nicht möglich. Dennoch zeichnete ich 1984 einen Tiegel als Zweifarbenmaschine.
Zur DRUPA (Druck und Papier) Messe 1986 in Düsseldorf zeichnete ich eine moderne Zweifarbenmaschine mit einem CPC-Computer, der von einem Ingenieur mit weißem Kittel bedient wurde. Das Zweifarbenprinzip wurde möglich, weil der Drucker nach dem ersten Druckvorgang, den Papierbogen an einen Kollegen gab, der in direkt in die Anlage für den Druck der zweiten Farbe gab.