Fahrradskizzen: Warum fährst du Fahrrad? #001

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Wie hast Du Fahrradfahren gelernt, mit oder ohne Stützräder?

Ohne. Ich wurde hinten am Rad festgehalten und irgendwann bin ich dann ohne Hilfe gefahren.

Was war Dein erstes Fahrrad?

Ein Kinderrad, das irgendwie durch die Familie gereicht wurde. Ich denke das hatte 20 Zoll Räder. Aber zuvor hatte ich schon ein Kett-Car. Das ist zwar kein Fahrrad, könnte man aber ganz grob in diese Kategorie stecken, schließlich wurde das Fahrzeug auch per Kette angetrieben. Später wollte ich ein Bonanza-Rad haben. Zum Glück wurde es aber ein herkömmliches 24 Zoll Rad.

Frühe 1970er: Mit einem original Kett-Car. Stilecht mit schwarzer Kunstlederhose und zum Lack passendem Pulli.

Zu welchen Gelegenheiten bist Du mit dem Rad gefahren?

Eigentlich immer und überall hin. Klar zur Schule. Jeden Tag, bei jedem Wetter. Ich erinnere mich noch, dass wir in diesem Schneewinter 1978/1979 auch zur Schule fahren wollten. Wir waren schon ein paar Kilometer unterwegs, bis uns jemand auf der Straße zurief: „Eh, Schule fällt heute aus.“ Ansonsten wären wir weiter gefahren. Wir sind mit den Nachbarskindern in die umliegenden Ortschaften und durch die Wälder gefahren. Sonntags machte unser Vater mit uns Fahrradtouren. Von meinem Vater habe ich dann auch sein altes Fahrrad der Marke Bismarck übernommen. Das Rad war schwarz lackiert, war ziemlich schwer und hatte nur drei Gänge. Damals wusste ich nicht, dass die Bismarck Fahrräder hier im Bergischen Land, nämlich in Radevormwald und in Lindlar, hergestellt worden waren.

Ich bekam dann noch ein neues Rad. Ein Tourenrad, wieder in Blau. Da habe ich schnell den Touren- durch einen Rennlenker ersetzt. Die Bremsgriffe habe ich fast ans Lenkerende geschraubt. Dass sieht heute komisch aus, war aber damals völlig normal. Andere Kinder hatten den Rennlenker auch oben gedreht, dass war fast schon Rebellion (lacht).

Mitte der 1970er Jahre: Tourenrad mit Rennlenker.

Bist Du auch als Jugendlicher noch Fahrradgefahren?

Bevor ich den Autoführerschein hatte regelmäßig. Mitte der 80er Jahre habe ich mir eine Spiegelreflexkamera gekauft und habe dann einige Fototouren ins Bergische Land gemacht. Bis nach Kürten-Olpe bzw. -Delling. Das waren hin- und zurück vielleicht 45 Kilometer. Solche längeren Touren habe ich zuvor nicht gemacht. Da ging es mir ums Fotografieren, nicht um die Fahrradtouren.

Später hattest Du ein Rennrad …

… als ich 1987 die Tour de France im Fernsehen sah, wurde ich vom Radsport infiziert. Ich hatte zwar zehn Jahre zuvor mit Begeisterung auch Dietrich Thurau im Gelben Trikot bei der Tour gesehen, aber da war mir Fußball wesentlich wichtiger. 1987 gewann die Tour Stephen Roche vor Pedro Delgado und Jean-François Bernard. Das fand ich soll toll, dass ich im gleichen Sommer noch zu Radsport Schmitz am Ebertplatz in Köln fuhr und mir ein Rennrad von Dancelli holte. Das Rad war aus Stahl und nicht leicht.

1987: Auf dem Rennrad von Dancelli.

Dann wurdest Du Radrennfahrer?

Naja (lacht), nein. Nachdem ich einige Monate alleine durchs Bergische Land gefahren bin, bin ich dann einem Radsportverein in Leverkusen beigetreten. Zweimal in der Woche Training. Im Frühjahr für eine Woche nach Nordspanien. Amateur-C-Klasse Rennen, da fuhr man dann 99 mal um die Kirche. Ich war da überhaupt nicht gut drin.

Ich hab dann schnell Cycle Cross für mich entdeckt. Durch den Cross-Weltmeister Klaus-Peter Thaler kannte auch jeder Querfeldeinrennen. Das mochte ich sehr gerne. Im ersten Winter bin ich im Wald noch mit meinem alten Tourenrad gefahren. Wir spritzten das um. Das blaue Rad wurde nun in Silber und Gelb gespritzt. Sonntags traf ich mit ein paar Jugendfahrern aus dem Verein und wir kurvten etwas durch die Wälder der Umgebung.

Das alte Tourenrad in den neuen Farben.
Mit dem umgespritzten Rad nach einer Crosstour.

Auf der Straße bist Du dann weniger gefahren?

Ich war auch weiterhin auf der Straße unterwegs. Auch im Winter. Teilweise bin ich da auch mit den Jugendfahrern unterwegs gewesen. Wir hatten uns einen starren Gang (Starrlauf) montiert. Hinten nur ein kleines Ritzel, ohne Freilauf, d.h. man musste immer treten. Das habe ich glaube ich zwei Winter mitgemacht.

Starren Gang am Dancelli-Rennrad. Das Rad hängt an der Kellerdecke.
Starren Gang am Dancelli-Rennrad. Das Rad hängt an der Kellerdecke.

Bist Du bei dem Dancelli-Rennrad geblieben? Du hast gesagt, dass sei schwer gewesen.

Ich konnte mir ja schlecht schon nach kurzer Zeit ein neues kaufen. Das Design hat mir irgendwann nicht mehr gefallen. Vor allem die mehrwürdige Schrift in Gold. Ich habe zuerst die Aufkleber abgemacht und später haben wir es neu lackiert.

Ende der 1980er: In Vereinskleidung und dem Dancelli-Rennrad ohne Aufkleber.
Frühe 1990er Jahre: Das umlackierte Dancelli-Rennrad.

Und im Gelände?

Das mit dem alten Tourenrad ging natürlich nicht auf Dauer. Ich habe mir einen Alan-Rahmen bestellt. Alan ist ein Fahrradhersteller aus Italien. Deren Räder waren damals im Cyclecross üblich. Der Rahmen war aus Alu. Natürlich war das wesentlich leichter als das Dancelli. Solche Räder kann man schultern und problemlos einen Hang hochtragen, am besten im Laufschritt (lacht).

Frühe 1990er Jahre: Alan-Cyclecross-Rad vor einem Opel Kadett D.
Frühe 1990er Jahre: Mit dem Alan im Gelände.

Warst Du weiterhin Radsportverrückt?

Das hielt bis zum Zivildienst bzw. bis zum Beginn des Studiums an. Ich habe Radsport-Zeitschriften wie die Tour oder Radsport gelesen. Und so gar im Urlaub kam das Rad mit. Ich erinnere mich an Fahrten ins Tessin und später nach Frankreich. Die Räder entweder aufs Dach oder in den Kofferraum.

Campingurlaub im Tessin: Ich lese die Radsportzeitschrift Velo.

Mit einem Freund aus dem Radsportverein war ich bei einer Tour de France-Etappe in L’Alpe d’Huez. Ein paar Jahre später waren wir nochmal dort und sind mit den MTBs raufgefahren und auf den heiligen Mont Ventoux. Das war ziemlich anstrengend. Da konntest man kaum anhalten, denn kaum stand man, haben einen die Fliegen überfallen.

Wow, L’Alpe d’Huez und Mont Ventoux …

… beim ersten Besuch, wir hatten Semesterferien, sind wir mit einem Linienbus von Genoble nach L’Alpe d’Huez hochgefahren und haben oben gezeltet. Die Etappe war erst am Tag danach. Das war ein Event. Da war ich ein richtiger Radsportfan.

Und nach dem Studium?

Immer noch, noch bis zu den Zeiten von Jan Ullrich. Während des Studiums fuhr ich selber wesentlich weniger bis gar nicht. Radrennen fuhr ich schon lange nicht mehr. Das hat mir auch nicht so Spaß gemacht. Im Winter trafen wir uns vom Verein bei mir und fuhren lange Strecken mit den Crossrädern. 1993/94 sind wir dann auf Mountainbikes umgestiegen. Wenn es nach mit gegangen wäre, wären wir bei den Crossrädern geblieben. Ich fand den Wechsel so sinnlos, wie der Wechsel vom Plattenspieler zum CD-Player. Ich hatte dann ein MTB von Cannondale. Das habe ich lange gefahren.  

Mitte der 1990er Jahre: Weiterhin mit dem Alan-Crossrad, wo andere schon MTBs hatten.

Was heißt lange?

Vielleicht so bis ins Jahr 2000. Ich bin dann richtig ins Bergische Land gezogen. Dort kam ich dann ohne ständiges Training nicht mehr die Hügel hoch. Lange Zeit gab es hier auch keine Radfahrer. Es kamen nur die Radsportler aus der Rheinschiene. Für mich war es dann mit dem Radfahren vorbei.

Du bist gar nicht mehr gefahren?

Gar nicht mehr. Ich hätte mir die Quälerei die Hügel hoch auch gar nicht mehr vorstellen können. Ich war nicht gut die Berge hoch. Ich stand da mehr (lacht), während die anderen hochflogen, ich stand da und keuchte. Auf dieses Gefühl hätte ich keine Lust mehr gehabt. Später kam mir mal bei einer Wanderung der Gedanke: Mit einem Ebike kämst du auch hier hoch.

Heute hast Du ein Ebike?

Ja, ein Pedelec. Damit komme ich nun wieder die Hügel rauf. Heute ist das kein Sport mehr für mich. Klar, Bewegung schon, und es ist nicht so, dass ein Pedelec ein Mofa ist. Der Hügel ist ein Hügel, da musst man treten. Ohne Motorunterstützung müsste ich schieben. Ist so.

Unterwegs mit dem Pedelec im Münsterland.

Ist das Bergische Land ein Radfahrer-Paradies?

Für Radsportler schon. Für die Alltagsfahrer weniger. Für die Radsportler gibt es sehr viele tolle Strecken. Massig Hügel wo es ein, zwei oder drei Kilometer hoch bzw. runter geht. Es ist ein ständiges Auf und Ab, wenn man quer zu den Tälern fährt. Fährt man durch die Täler geht es lange hoch oder lange schön runter. Früher bin ich alle Straßen gefahren, die vielbefahrenen Land- und Bundesstraßen, aber auch die kleinen ruhigen Straßen.

Aber dieses ständige Auf und Ab ist auch einer der Gründe, weshalb hier außer den Radsportlern kaum einer mit dem Rad gefahren ist. Daher wurden hier auch keine Radwege gebaut. Für wen? Für die Radsportler – die dann trotzdem auf der Straße fahren? Die Radinfrastruktur ist demnach schlecht. Jetzt wo viele Leute ein Pedelec haben und somit alle Hügel raufkommen, ist das sehr schade. Und so eine Radinfrastruktur bekommt man nicht auf die Schnelle hin, trotz aller Bemühungen und guter Vorsätze. So fährt man auf Straßen auf denen Tempo 100 ist, auf denen schwere LKW fahren und die Motorräder vorbeifliegen.

Du beschäftigst Dich damit?

Ich suche nach ruhigen Straßen, die ich in meiner Strecken einbauen kann. Ich will dem schnellen Verkehr ausweichen. Schön wäre es, wenn es vom Auto-, LKW- bzw. Motorradverkehr getrennte Fahrstreifen für Fahrräder geben würde und zwar an den Hauptverkehrsstraßen.

Rad- und Fußweg auf der Bahntrasse im Sülztal in der Gemeinde Lindlar.

Da meine ich nicht auf die Straße eingezeichnete Fahrradstreifen, sondern einen Radweg, der durch einen Rasenstreifen abgetrennt ist. Schön sind auf jedem Fall die Bahntrassenradwege, wie der von Lindlar in Richtung Overath. Da muss man aber erstmal sicher hinkommen …

Radwege über Wirtschsftwege schaffen, wie hier in Lindlar-Holl.

Sicherheit hat bei Dir eine hohe Priorität?

Ganz klar. Früher sind wir als Radsportler ohne Helm gefahren, bei den Rennen war ein Sturzring Pflicht. Erst zu MTB-Zeiten wurden auch Helme bei uns im Training üblich. Heute ist ein Helm Standard. Helle Kleidung oder Warnwesten in Signalfarben. Licht am Rad, am Helm. Man muss uns sehen. Eine durchdachte Radinfrastruktur, mit der die Radfahrenden und die anderen Verkehrsteilnehmer gut klar kommen, müsste ein Standard sein und nicht davon abhängen, ob sich eine Region, wie z.B. das Münsterland, als Radregion sieht. An bestimmte Straßen gehört meiner Meinung nach ein Radweg, egal ob man sich als Radregion definiert oder nicht.

Fahrradfahrende haben demnach, je nach Region andere Voraussetzungen.

Dies ist so. Je nach Engagement, hat man eine sehr gute Radinfrastruktur oder eine schlechte. Da gibt es ein Ranking mit großen Unterschieden. Und eine hügelige Landschaft, in der sich Radsportler oder sportliche Radfahrende wohlfühlen, ist nicht unbedingt ein Fahrradparadies für alle.