Oberheiligenhoven
Ende August 2024
Das Schloss Heiligenhoven in der Gemeinde Lindlar kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Ein Spaziergang durch die Schlossanlagen, den Schlosspark rund um den Schlossteich, auf dem man früher mit Booten fuhr und auf dem auch Schlittschuh gelaufen und Eishockey gespielt wurde, ist bei den Lindlarer Familien sehr beliebt. Früher gab es in der Vorburg auch mal ein Lokal, später einen Waldkindergarten (UNESCO-Dekade „Bildung für nach- haltige Entwicklung“ mit Auszeichnungen).
Ich erinnere mich auch gerne an den Tag als wir im Schlosspark unser Projekt NaturZeit im Rahmen des Projekts Lernort Gemeinde unter der Anwesenheit der Projekt- und Wissenschaftlichen Leitung, vertreten durch Annette Mörchen (KEB), Felicitas von Küchler (Deutsches Institut für Erwachsenenbildung, Bonn) und Prof. Dr. Ortfried Schäffter (Lehrstuhl Erwachsenenbildung und Weiterbildung der Humboldt-Universität, Berlin) vorstellten, wo man damals noch die großen amerikanischen Bäume bestaunen konnte. Erwachsenenpädagogisch hatten wir damals den Nerv der Zeit getroffen: Teilnehmerorientierung, Ermöglichungsdidaktik, Selbstgesteuertes und Informelles Lernen.
Damals im Schlosspark. Heute im Jahr 2024 schwer vorstellbar. Aber dazu unten im Text mehr.
Aber zunächst etwas zur Geschichte von Heiligenhoven.
Auszug aus „Die Akte Eibach“, Günter Sahler, 2011, S. 40 – 49 (ohne Tafeln und Abbildungen)
„Im frühen 15. Jahrhundert lebte Johann von Eyckelinghofen, genannt de Wrede (Müller 1976, S. 121/122. Jacobi 2010, S. 178 schreibt, dass ein Zweig der Familie Eyckelinghofen seit 1425 auf Oberheiligenhoven lebte) und später sein Sohn Adolf de Wrede auf Oberheiligenhoven (vgl. Jacobi 2010, S. 148 „Ailff der Wrede van syne guede zo hilgenhoeven“, Beleg um 1470. Auf S. 153 wird ein Dietrich van Eyckynckhofen, gen. der Wrede erwähnt). „Daß es sich um Oberheiligenhoven gehandelt hat,“ schreibt Gerd Müller, „dürfte durch die später für diese Burg aufkommende Bezeichnung ‚Wreden-‚ oder ‚Frieden-Heiligenhoven’ ausreichend belegt sein.“ (ebd., S. 121) 1555 war ein Christoff Quaiden zum Vredenberg der Besitzer. (Müller 1976, S. 151) Genaues schreibt Kurt Niederau: „ … 1557, wo es heißt, über den Besitzer des alten verfallenen Sitzes ‚Fridenhilgen hoven’ Christoph Quad werde berichtet, seine Eltern seinen natürlichen Herkommens gewesen. – Tatsächlich war Christoph, dem der Sitz durch seine Ehefrau Katharina Wrede zugekommen war, ein Urenkel des bergischen Landdrosten Johann Quad (1407 – 52) aus dessen illegitimer Verbindung mit Grete op dem Berg aus Radevormwald.“ (Niederau 1972, S. 77,
FN 4)
Oberheiligenhoven wurde 1573 durch Tausch von den Eheleuten Wilhelm von Steinrath und Agnes von der Leyen (von Neuhoff gen. Ley) von Gerhard von Rheindorff und Leuffgen von Quad übernommen. Niederau (1972, S. 105, Fn 190) schreibt Leuffgen von Quad sei „die Erbtochter der Erbtochter von ‚Wreden Heiligenhoven’ Katharina Wrede aus deren ersten Ehe mit Christoph Quad (1543 – 64, 72 +).“
Nach Kurt Niederau hatte Agnes von Neuhoff gen. Ley mehrere Brüder, die „als Mitglieder des Deutschen Ordens in Livland lebten“. (Niederau 1972, S. 104). Einer dieser Brüder wird auch namentlich genannt: Christoph von Neuhoff gen. Ley (ebd., S. 116). Wilhelm von Steinrath kam durch die Heirat mit Agnes von Neuhoff gen. Ley „in den Besitz märkischer Güter, da die Brüder der Ehefrau als Mitglieder des Deutschen
Ordens in Livland lebten und so als nicht erbberechtigt galten. Zum erheirateten Gut gehörte der sog. Lüttekenhof zu Öspel mit vier zugehörigen Kotten und Mühle sowie das Werdener Dienstmannslehen zu
Marten, bestehend aus dem Hülshof mit der Fischerei an der Emscher, zwei Mühlen sowie sechs Kotten (genannt: Meers, auf dem Berge (2), Wüsthof, Rendelhese und Closter).“ (Niederau 1972, S.104) Wilhelm
von Steinrath war „Schultheiß der Feste Steinbach, des Amtes Steinbach, zu Lindlar, des Dingmals Keppel, des Dingmals Lindlar“ (Niederau 1992, S. 103). Als 25 jähriger hatte er 1526 von seinem Vater, Adolf von Steinradt, das Amt des Schultheißen übernommen und übte dies 48 Jahre lang aus. Die Eheleute Wilhelm und Agnes von Steinrath hatten fünf Kinder (vgl. Tafeln 1 und 2): Roland, Agnes, Katharina, Anna und Johann (www.archive.nrw.de, Akten zeichen: H 1273/4152). 1564 sicherte sich Wilhelm von Steinrath „durch einen Vertrag mit dem Kölner Severinsstift die Anwartschaft auf die Pachtung des Fronhofs zu Lindlar“ (Niederau 1972, S. 104). Die Familie lebte bis zur Übernahme des Hauses Oberheiligenhoven in Lindlar. Mit der Übernahme von Oberheiligenhoven war die Familie außerdem in den Besitz einer Mühle, des Hofgeding und eines Kirchenstuhls in St. Severin gekommen (Niederau 1972, S. 104). Bereits ein Jahr nach dem Umzug nach Oberheiligenhoven starb Wilhelm von Steinrath 1574 in Lindlar, seine Frau Agnes drei Jahre später (1577) ebenda an der Pest. Ihr Sohn Roland von Steinrath folgte seinem Onkel Christoph von Neuhoff gen. Ley nach Livland und el damit als Erbe von Oberheiligenhoven aus. Er war in Livland von 1556 bis 1558 Landmarschall (Internet: Herder-Institut, Internet: Wikipedia: Liste der Landmarschäle von Livland). Er starb 1607 (Niederau 1972, S. 120). Agnes von Steinrath heiratete wie bereits erwähnt Johann von der Leyen zur Leyen (www.archive.nrw.de, Aktenzeichen: S 1372/5398) (von Neuhoff gen. Ley von Haus Ley) aus Kaltenbach. Sie starb 1596, ihr Mann bereits 1581 (Niederau 1972, S. 120). Johann von der Leyen und Agnes von Steinrath hatten die Töchter Margarethe und Agnes. Katharina von Steinrath war in zweiter Ehe ab 1581 mit Dr. Reinhard Hymmen verehelicht, der wie Johann von der Leyen in Kaltenbach ein Bergwerk betrieb. Sie starb 1616, ihr Mann bereits 1612. Johann von Steinrath, war der jüngste der Kinder und hielt sich wie sein Bruder Roland um 1558 in Livland auf. Erst nach dem Tod des Vaters 1574 kehrte er nach Lindlar zurück. 1576 wurde er Pächter des Fronhofs und 1577, nach
dem Tod der Mutter, übernahm er auch Oberheiligenhoven – das Erbe war nicht ohne Streitigkeiten abgelaufen. Er war verheiratet mit Elisabeth von Haen. Er starb 1615 (Niederau 1972, S. 120). Die Kinder von Johann von Steinrath und Elisabeth von Haen hießen Gottfried, Adam Adolf, Johann, Gertrud, Anna und Katharina. Gottfried war der Erbe von Oberheiligenhoven. Nach seinem Tod waren seine Brüder Adam Adolf und Johann Besitzer des Herrensitzes. Adam Adolf, der von 1606 bis 1666 lebte war Kanoniker an St. Andreas in Köln. Johann war Kanoniker an St. Apostel in Köln. Er starb 1660 und wurde in der Apostelkirche begraben. Wie der Grabstein seines Bruders Adam Adolf in der Lindlarer Kirche St. Severin, war auch sein Grabstein mit Familienwappen versehen. Links waren die Wappen von Haen, Prume und Schuzarffen und rechts die von Steinrodt, Neuhoff gen. Ley und Bornhausen (Niedrrau 1972, S. 115, FN 251). Dieser Grabstein in St. Apostel gilt als verschollen.
Heute kennt man aufgrund der Grabplatte in der Pfarrkirche St. Severin in Lindlar nur noch Adam Adolf von Steinrath als Besitzer von Oberheiligenhoven. Es heißt er hätte das Anwesen 1663 seinem Vetter Johann Adolf Schenck von Nideggen übergeben. Johann Adolf Schenck von Nideggen soll nach Kurt Niederau aller dings kein Vetter des Adam Adolf von Steinrath gewesen sein, sondern nur weitläuge Verwandtschaft (Niederau 1972, S. 113). Als Adam Adolf am 2. Juni 1663 seine Güter veräußerte, so auch Oberheiligenhoven, wurde der Käufer als „Vetter“ bezeichnet. Johann Adolf Schenck von Nideggen nennt den Verkäufer 1671 allerdings „Oheim“ (Niederau 1972, S. 113).
Als die Pest 1666 in Köln wütete oh Adam Adolf von Steinrath in seinen Geburtsort Lindlar, starb hier allerdings am 4. Juli 1666 an der Pest. Bevor wir uns mit der Grabplatte des Adam Adolf von Steinrath beschäftigen, werfen wir noch einen Blick auf die Familie Schenck von Nideggen auf Oberheiligenhoven. Die Eltern des bereits genannten Johann Adolf Schenck von Nideggen waren Theodorus oder Dietrich Schenck von Nideggen und Catharina von Pensen. Deren Eltern waren Henrich von Pensen und Amalia von Neuhoff gen. Ley zu Eibach. Schenck von Nideggen und von Pensen bilden ein Allianzwappen auf der Grabplatte des Adam Adolf von Steinrath. Der Historiker Gerd Müller, der für die Gemeinde Lindlar das Buch „Lindlar …“ (1976) verfasste, schrieb: „Am 6. August 1663 verkaufte … das St. Severinstift zu Köln den Fronhof mit Gerichts- und Lehngerechtigkeit den Besitzern von Burg Heiligenhoven, den Eheleuten Johann Adolf Schenck von Nideggen und Katharina Barbara von Schemmartz, für 1200 Reichsthaler. Der Zehnte mit der Verpichtung der Instandhaltung des Kirchenschiffs verblieb dagegen dem Stifts
kapitel. … Nach dem Verkauf erhielt das Hofgericht beim Fronhof ein ,… Gerichtssiegel. Es trägt die Umschrift: „FROHN HOFF LEHN GERICHTS SIEGEL 1663.“ In der Mitte zeigt es das Wappen der Familie Schenck von Nideggen, einen aufspringen den Löwen mit zwei Schwanzquasten. […] Das … ‚Gericht unter dem Nußbaum’, das Hofgericht zu Oberheiligenhoven, befand sich bei Kriegsende im Besitz der Familie von Steinrod. Durch Schenkung zu Lebzeiten el es ebenfalls 1663 an Johann Adolf Schenck von Nideggen. Daher hatten Oberheiligenhoven und der Lindlarer Fronhof von jenem Jahr an den gleichen Lehns herren. Das Hofgericht tagte in Oberheiligenhoven selbst und die Lehnkiste stand allezeit im Haus des Lehnsherrn.“ (Müller 1976, S. 204/205) Johann Adolf Schenck von Nideggen, der 1631 geboren war, war dreimal verheiratet (vgl. Tafel 3). In der ersten Ehe mit Maria Katharina Barbara von Schommartz (auch von Schemmartz). Auch der Name von Schommartz steht auf der genannten Grabplatte. Anna Dorothea Beatix von Cloedt zu Hanxleden und Beringhausen war seine zweite Frau. Die dritte Frau Maria Anna von Etzbach heiratete er 1707. Er starb 1710 und wurde in Lindlar begraben. Für seinen Grabstein nahm man den Stein von Adam Adolf von Steinrath, man gravierte die Rückseite. Erbe auf Oberheiligenhoven war Adam Adolf Richard Freiherr Schenck von Nideggen, der mit Anna Clara Elisabeth von Cloedt zu Hanxleden verheiratet war. Adam Adolf Richard war 1665 in Lindlar geboren (Taufpate war Adam Adolf von Steinrath) und starb 1737 in Beringhausen. Die Eltern von Anna Clara Elisabeth von Cloedt waren Dietrich Jobst von Cloedt zu Hanxleden und Anna Magaretha von Galen. Ein weiterer Sohn hieß Rembert Dietrich von Cloedt. Von diesem wissen wir, dass er 1709 Maria Rosina von Meschede heiratete (Fahne 1862). Adam Adolf Richard Freiherr Schenck von Nideggen zu Beringhausen und Oberheiligenhoven hatte zwei Töchter: Maria Balduina, die mit Theodor Franz Wilhelm von Gaugrebe zu Oberalme vermählt war und Maria Odilia hatte Franz von Brabeck zu Lohaus geheiratet (vgl. Tafel 3). Das Ehe paar von Gaugebe verkaufte 1743 Oberheiligenhoven an Friedrich von Pfeill, der vererbte an seinen Sohn und Schwiegertochter, Friedrich Ferdinand von Pfeill und Maria von Gaugrebe. Von ihnen kaufte 1748 Johann Joseph von Brück das Anwesen.“ (Ende Auszug aus „Die Akte Eibach“, Günter Sahler, 2011, S. 40 – 49 (ohne Tafeln und Abbildungen))
Später gehörte das Schloss der Familie von Fürstenberg, dann dem Kreis Wipperfürth, der Adam-Stegerwald-Stiftung und bis 2017 hatte das Bergische Freilichtmuseum des Landschaftverbandes Rheinland hier ihre Verwaltung. Nach dem Verkauf sollte hier eine Burnout-Klinik errichtet werden. Zurzeit ist hier ein Lostplace: Schlosspark und Schlossteich sind in einem jämmerlichen Zustand. Daher konnte ich auch nur ein paar Bilder von dieser verwilderten Anlage machen.
Die Parkanlage ist derzeit völlig hinüber. Im Kölschen würde man sagen: Die ist „öm“, zu nichts mehr zu gebrauchen, jedenfalls nicht als Parkanlage. Mal sehen, wann der Rasen, die Kulturpflanzen, die Kunstobjekte und die Brücken wieder hergerichtet sind. Alles läßt sich reparieren bzw. hier geht es hoffentlich um die Wiederherstellung der historischen Parkanlage Schloss Heiligenhoven und den freien Zugang für die Bevölkerung. Als erste Anregung könnte der Artikel „Der Park zu Schloss Heiligenhoven“ von Barbara Schumacher im Buch „Schloss Heiligenhoven“ (2002) dienen.
Weiter geht es zunächst über die Wege vorbei am alten Trimm- Dich-Pfad zum Bergischen Freilichtmuseum.
Ende August 2023