Bei dem Buch von Bernd Brunner handelt es sich um eine kulturwissenschaftliche Arbeit. Wie es der Titel schon beschreibt, geht es hier nicht um Pflege, Haltung oder die Auswahl von Pflanzen und Fischen für ein Aquarium, sondern es werden die Änfänge Aquaristik in der westlichen Welt beschrieben.
Wie die Menagerien, die Vorläufer der Tiergärten, wurde mit dem Aquarium versucht, die Tierwelt in unsere Welt zu holen. Die Tiere die im Meer lebten, kannte kaum einer. Dabei ist der Wunsch, das Meer und deren Bewohner kennenzulernen, „diese Lust am Meer ist noch gar nicht so alt, sie bildete sich erst im 18. Jahrhundert heraus. Vorher war das Meer >eine Art Tabu und Ort der Angst per excellence< … Die Fluten waren ein verdammtes Reich der Finsternis, in dem sich Monster von abenteuerlicher Gestalt gegenseitig das Leben zur Hölle machen und alles verschlingen.“ (Brunner, S. 13)
Fischer, Kaufleute oder Naturforscher kannten das Meer. Die restliche Bevölkung hielt sich ihm eher fern. Erst allmählich traute man sich mit Vernügen an den Strand, „als Ort, an dem es sich aufzuhalten lohnt … Untersuchungen über die heilsamen Wirkungen des Meerwassers unterstützen die Gründung von Badeorten an den Küsten – erst in England, etwas später in Deutschland und Frankreich.“ (Brunner, S. 14)
Naturforscher oder Biologen traten auch an die Küsten und erforschten die Meeresoberflächen, „aber die Unterwasserwelt und vor allem die Tiefsee behalten ihre Geheimnisse noch geraume Zeit für sich.“ (Brunner, S. 15) Doch sie begann sie aber „Bootsfahrten auf dem Meer zu unternehmen und mithilfe von Fischern Meerestiere zu sammeln.“ (Brunner, S. 15)
Aus diesem Geist heraus kam es auch zur Entwicklung des Aquariums. Als einen der Personen, die die Haltung von Pflanzen und Tieren in einem Glasbehälter bekannt machte gilt der Engländer Philip Henry Gosse (1810 – 1888). „In seinem 1853 veröffentlichtem Buch A Naturalist´s Rambles on the Devonshire Cost … tauch der Begriff des >Meeresvivariums< auf, aber auch schon >Meeresaquarium< (>marine aquarium<).“ (Brunner, S. 37) Gosse war ein bekannter Naturforscher, ja ein richtiger Experte der Küstenfaune. Der nicht nur forschte und publizierte, sondern sein Wissen auch in Vorträgen weitergab. Offenbar war er so gut, dass „die Londoner Bürger nur so zu seinen Vorträgen“ strömen. (Brunner, S. 41)
Um nun die Flora und Fauna des Meeres besser kennenzulernen, gibt es zwei Möglichkeiten. Erstens man tauch ins Meer hinab und schaut sich alles vor Ort an. Oder zweitens, man holt sich Pflanzen und Tiere aus dem Meer, setzt sie in einen Teich oder ein Gefäß aus Glas und versucht die Unterwasserwelt nachzubilden. Philip Henry Gosse war ein Anhänger der zweiten Möglichkeit. Für hatte dies den Vorteil, dass man sich auf diese Weise „mit den >seltsamen Geschöpfen des Meeres< bekanntmachen, ohne dafür mit einer komplizierten Taucherapparatur in die Tiefen hinabsteigen zu müssen. Fast verächtlich äußert sich Gosse über einen französischen Zoologen (… Henri Milne-Edwards), der in einem wasserdichten Anzug, mit einer besonderen Brille und einem Atemrohr versehen, den Grund des Mittelmeeres entlangwanderte, um auf direkte Tuchfühlung mit dem unterseeischen Leben zu gelangen.< (Brunner, S. 42)
Im deutschen Sprachraum wurde erstmals 1854 über das Aquarium berichtet. Die Zeitschrift „Die Gartenlaube“ veröffentliche einen Artikel mit dem Titel „Der Ocean auf dem Tische“. Der Mitbegründer der Gartenlaube, Emil Adolf Roßmäßler, war einer der Förderer des Aquariums. Von ihm erschien 1857 das Buch „Das Süßwasser-Aquarium – Eine Anleitung zur Herstellung und Pflege desselben“. Ein Süßwasser-Aquarium war gregenüber dem Meeres-Aquarium der bequemere Weg. Die Schwierigkeiten beim Meeres-Aquarium begannen schon mit der Beschaffung des Meerwassers, weshalb man es auch künstlich mit Kochsalz, Bromnatrium, schwefelsaurem Kali, Glaubersalz, Gips, Magnesia und Chlormagnesium herstellte (Brunner, S. 64).
Ab 1869 wurden exotische Zierfische nach Europa exportiert. Als erstes wurden Makropoden (Paradiesfische) geliefert. Fischer und auch Schiffpassagiere brachten von ihren Fahrten lebende Fische mit. „Einheimische fangen die Tiere meist mit Keschern und Wurfnetzen in der freien Natur, zuweilen werden kleine Seitenarme von Flüssen abgesperrt. Bekannt ist auch der Einsatz von Pflanzengiften aus Baumrinden und Blättern, die in niedriger Konzentration in das Wasser gegeben werden, um die Fische zu betäuben“. (Brunner, S. 74)
Neben den heimischen Wasserbehältern gab es ab Mitte des 19. Jahrhunderts auch erste öffentliche Schauaquarien. Das erste dieser Art eröffnete 1853 im Londoner Regent´s Park. Auf dem europäischen Kontinent folgen Aquaien in Paris und Wien. Das Wiener Aquarium wurde 1860 von Gustav Jäger eingerichtet. In Paris gibt es ein Deckenaquarium, bei dem die „Decke ganz aus Glas ist und in der der Zuschauer mit steil nach oben gerichtetem Blick das Treiben im Becken beobachten kann – so als würde er selbst auf dem Meeresgrund stehen.“ (Brunner, S. 97)
Erwähnt werden von Bernd Brunner außerdem Aquarien die von der Wissenschaft genutzt wurden. Beispielsweise das 1874 eröffnete „Stazione Zoologica“ bei Neapel. Die Wissenschaftler gingen nun selber ins Meer, tauchten und brachten von dort Lebewesen mit, die sie später im Labor untersuchten.
Heute gibt das Ozeanarium „die für sich in Anspruch nehmen, die Meeresfauna noch authentischer zu zeigen“ (Brunner, S. 111). Auf der anderen Seite gibt es Parks wie die Sea-Life-Center, bei denen weniger das Erlangen von Wissen, sondern mehr das Vernügen im Vordergrund steht.
Brunners Buch gibt einen guten Überblick über die Entwicklung der Aquaristik und der Aquarianer, läßt dabei die Jetztzeit nicht aus und nennt auch die berechtigte Kritik. Ähnliche Bücher zum Thema: Das 2018 veröffentlichte Buch von Mareike Vennen „Das Aquarium – Paktiken, Techniken und Medien der Wissensproduktion (1840 – 1910)“ oder ganz speziell zur Heimhaltung des Schwanzlurch Axolotl im Aquarium, dass Buch von Christian Reiß „Der Axolotl – ein Labortier im Aquarium“, welches 2020 erschien.