Heute will ich einen Memory Walk machen in ein Wäldchen, das 2020/2021 verschwunden und heute bebaut ist. Es war nur ein kleines Wäldchen. Es diente uns Kindern als Spielplatz. Andere gingen dort Gassi mit ihren Hunden oder nutzten den kleinen Weg durch das Wäldchen als Abkürzung.
Noch bis in die 1930er Jahre waren die Straßen am Wäldchen dünn besiedelt. Die folgende Karte zeigt das Wäldchen und die kleinen Straßen des Ortes Schildgen, der zur Hälfte in der Gemeinde Odenthal lag und zur anderen Hälfte auf dem Gebiet der Stadt Bergisch Gladbach. Das Wäldchen lag schon damals in Gladbach.
Das Wäldchen lag nicht im Dorf, sondern ein ganzes Stück vor dem Dorf. Selbst die wenigen Häuser hier, waren kaum älter als 50 Jahre. Es gab ein paar alte Häuschen aus dem 19. Jahrhundert. Eins davon stand direkt am Wald.
Die Straße hieß zunächst Sträßchen Siefen. Sträßchen und Siefen waren ursprünglich zwei Weiler, die einige hundert Meter vom Wäldchen entfernt lagen. Die Straße war wirklich ein Sträßchen: Schmal, mit vielen Pfützen. Die Nachbarstraße Im Aehlemaar bestand ausschließlich aus einer Ansammlung von Teerflicken.
Nach dem Krieg wurde kontinuierlich Haus für Haus gebaut. Die Straße blieb unverändert. Auf ihr konnte man Fußball spielen oder Rollschuh laufen („Auto“).
Es war eine vordörfliche Idylle. Grün und bunt.
Auf alten Schwarzweiß-Fotos kann man sehen, wie groß die Bäume bereits in den 1950er Jahren waren.
Auf der anderen Straßenseite war ein großer Garten mit einem selbstgebauten Gartenhaus.
Viele Fotos wurden nicht vom Wälchen gemacht. Weshalb auch? Es war ja da. So war es nun schwierig das Wäldchen anhand von Fotos zu rekonstruieren.
Mittlerweile hatte man einen Teil der Straße einen neuen Namen gegeben. Sie hieß nun Odenthaler Markweg.
So wuchsen die Buchen, die Eichen und die Ilexsträucher immer weiter. Die Brombeerbüche auch, aber nicht immer an der selben Stelle. Mal kamen Hundebesitzer, dort brachte jemand Gartenabfälle ins Wäldchen. Ein anderes mal kam ein Ehepaar und sammelte Weinbergschnecken. Der Regen schwemmte immer den Sand vom Weg im Wäldchen runter auf die Straße. Oder die Feuerwehr musste kommen, weil eine Katze weit oben auf einer Eiche saß und sich nicht mehr runter traute.
Bis 1984 hatte die Straße keinen Kanal. Ab und zu kam daher die FÄKA. Nun im Herbst 1984 kamen die Bagger.
Anstatt die Straße wieder zu asphaltieren wurde sie doppelt so breit mit Verbundpflaster gepflastert, mit Parkbuchten und Beeten für kleine Bäume versehen. Und: Die Straße wurde nun von der Stadt als „Spielstraße“, also als verkehrsberuhigte Straße deklariert. Obwohl die Absicht sicher löblich war, ging damit der ursprüngliche Charakter der Straße verloren.
Einige Jahre waren in der Nachbarschaft keine neuen Häuser hinzugekommen. Nun wurden allmählich die Baulücken geschlossen.
Das Wäldchen blieb davon unberührt. Mal gab es auch Arbeiten an den Bäumen, wie im Sommer 2013:
„Am Montag, dem 29. Juli 2013 wird der Odenthaler Markweg von der Hausnummer 38 bis zur Einmündung Aehlemaar wegen Baumpflegearbeiten gesperrt. Mehrere Bäume des dort gelegenen Wäldchens werden beschnitten, damit ihre Äste die Durchfahrt durch die enge Straße nicht behindern. Eine Eiche ist von Holzpilz befallen und muss gefällt werden.“(bergisch gladbach.de, 2013)
So ging es Jahr für Jahr weiter. Bis dann 2020 (im Sommer)/2021 die Baumfäller kamen, hoch in die Bäume kletterten und Ast für Ast, Stamm für Stamm abschnitten. Es wurde solange gearbeitet bis die letzte Wurzel weg war.
Weitere Freiflächen werden in den nächsten Jahren bebaut. Noch wehren sich die Bürger. Im Aehlemaar und Sträßchen Siefen sollen Fahrradstraße werden, wird auch von Bürgern gefordert. Andererseits wird der Parkraum auf der Straßé langsam knapp. Im Aehlemaar, Odenthaler Markweg und Sträßchen Siefen sind längst keine Schleichwege mehr, wenn mal wieder die Altenberger-Dom-Straße und die Kempener Straße verstopft sind.
Mit ein paar Skizzen habe ich versucht, die Erinnerung festzuhalten an das Wäldchen.
Das Wäldchen ist leider weg. Es bleiben nur die Erinnerungen.
Tschö, bis hell
Literatur (Memory Walking): Hannah Hinchman: A Life In Hand: Creating the Illuminated Journal. 1. Auflage. 1991, S. 35