Natur der Sünger Berge: Die Landschaft, Teil 1: Der Name

Weshalb „Sünger Berge“?

Fährt man die Sülztalstraße durch Hartegasse, dann wird man von den Sünger Bergen wenig sehen. Sie sind nicht hoch genug, dass man sie im Vorbeifahren entdeckt. Da hilft es nur den Wagen abzustellen und zu Fuß die Umgebung zu erkunden.

Als Einstieg in die Sünger Berge empfehle ich einen Aufstieg von Hartegasse in Richtung Hönighausen. Von dort und allgemein von Wegen zwischen Hönighausen und den Steinbrüchen am Brungerst bei Lindlar hat man einige gute Panoramablicke auf die Sünger Berge.  Aber zunächst muss man gar nicht so weit gehen. Läuft man auf den Wegen oberhalb der Sülz, dann sieht deutlich hinter Hartegasse, Kapellensüng, Löhsüng und Bonnersüng ein paar Hügel. Nicht hoch aber markant. Ganz deutlich hinter der Kirche in Kapellensüng der Löhberg und daneben der Sünger Berg.

Sünger Berge mit Löhberg und Sünger Berg (re). Eine Rodungsfläche gegenüber der Sünger Berge gibt seit 2022 den Blick frei von 300 Metern hinab ins Sülztal wo Hartegasse und Kapellensüng auf ca. 190 bis 220 Metern zu sehen sind.
Sünger Berge im Hintergrund. Linker Hügel Löhberg, davor Kapellensüng. Daneben Sünger Berg und Stelberg (2009).
Blick auf Kapellensüng und Hartegasse mit Löhberg (Mitte Oktober 2021)
Sülztal-Panorama: Kapellensüng mit Löhberg, Sünger Berg und Hügel bei Stelberg. Oben im Bild Oberbüschem (2020).

Auch auf topografischen Karten sieht man eine Kette von Hügeln, die von Schlüsselberg im Westen bis auf die Höhe von Roderwiese im Osten verläuft. Diese kleine Hügellandschaft ist ideal für Kurzwanderungen. Egal ob man nur eine Stunde oder einen ganzen Tag unterwegs sein will, die zahlreichen Wege um diese Hügel ermöglichen beides.

Nachdem ich die Hügel für mich entdeckt hatte, begann ich mir mit Fotos und Zeichnungen ein Bild von dieser Hügellandschaft zu machen. Dabei fragte ich mich: Wie sind diese Hügel eigentlich entstanden? Dies war die erste grundlegende Frage die ich mir stellte. Als Nichtgeologe und weitgehend auch ohne geologische Vorbildung, war eine Annäherung an eine Antwort für mich ein weiter Weg.

„Erkundung der Sünger Berge“ (Skizze 1)
„Erkundung der Sünger Berge“ (Skizze 2)
Zwischen Schlüsselberg und Roderwiese zieht sich eine kleine Kette von Hügeln

Zunächst zog ich einige Karten zu Rate. Auf den ersten Blick erkennt man auf allen Karten, dass sich von Schlüsselberg bis Roderwiese eine Reihe von Hügeln befindet, die in einer geraden Linie stehe. Von oben könnte man sagen: Gut, da ist halt Wald und keine Wiese, daher wirkt dies anders. Dies ist nicht ganz falsch, denn eine unbewaldeter Hügel wirkt ganz anders als ein bewaldeter. Aber auf einer Reliefkarte (vgl. https://de-de.topographic-map.com/maps/64wk/Nordrhein-Westfalen/, ZooM. https://de-de.topographic-map.com/map-36q9m/Nordrhein-Westfalen/?center=51.05575%2C7.38122&zoom=15) sieht man deutlich diese Hügelkette mit den Höhenunterschiede. Zum Sülztal hin sind die Höhenunterschiede deutlicher. Zum Peffeköver Holz geht es flacher, aber es geht deutlich runter und dann wieder hoch zum Peffeköver Holz.

Sünger Berge Höhenprofil: Schlüsselberg, Hammen, Löhberg. Sünger Berg und Stelberg (erstellt unter Zuhilfenahme eines Tools auf: https://www.geoportal.nrw/themenkarten)
Die Erhebungen bei Schlüsselberg und Hammen. Unterhalb von Schlüsselberg hat der Ohler Siefen sein Quellgebiet. Im Gegensatz zu den Bächen bei Kapellensüng, Löhsüng, Bonnersüng und Roderwiese ist das Quellgebiet nicht hinten den Sünger Berg, sondern davor (von der Sülz aus gesehen), daher ist die Kerbe in den beiden Erhebungen bei Schlüsselberg und Hammen weniger tief als beispielsweise die rechts im Bild beim Löhberg (dort fließt der Bach nach Kapellensüng vorbei).
Hier sieht man wie drei Bäche die Sünger Berge eingekerbt haben. Links vom Löhberg kommt der Bach (hat keinen Namen, wird auf amtlichen Karten nur mit „Graben“ bezeichnet) der nach Kapellensüng fließt. Zwischen Löhberg und Sünger Berg fließt der Sünger Bach und rechts zwischen Sünger Berg und Stelberg fließt der Büschemer Bach.

Hilfreich ist hier auch das Kartenmaterial von Google. Hier läßt sich aus den zweidimensionalen Karten auch eine dreidimensionales Reliefbild erstellen, das sich dann noch drehen lässt, sodass man die Sünger Berge aus jeder Richtung betrachten kann.

Mit meiner Frau laufe ich fast täglichen Walking-Runden durch die nähere Hügellandschaft. Die ich nun begann – wo ich auf den Touren Fotos und Zeichnungen machte und auf meine Webseite stellte – Sünger Berge zu nennen. Das Kind brauchte einen Namen. Ein anderer Name kam für mich nicht in Frage, denn es sind nicht die Hartegasser oder Büschemer Berge, wo doch schon auf den Karten zwei Hügel „Süng“ irgendwie im Namen tragen: der Löhberg (Löhsüngberg, auch Lühberg geschrieben) und der Sünger Berg. Alternativ hätte ich noch von Sünger Hügel sprechen können. Aber da vor Urzeiten die Hügel mal Teil ein richtiges Gebirges waren, schien mir dies auch nicht passend. Wie passend die Bezeichnung Sünger Berge ist und keine weitere Verteidigung aus meiner persönlichen Sicht bedarf, erfuhr ich erst eine Weile später bei meinen Recherchen.  

Lagebezeichnungen von Flurstücken

Wir Menschen geben Bergen, Äckern, Wiesen, Gewässern und Wäldern Namen. Diese Flurnamen dienten bis ins 20. Jahrhundert zur Orientierung, zur der Anzeige von Besitzansprüchen und zur Besteuerung. So sieht man heute noch auf den Liegenschaftskarten und anderen amtlichen Unterlagen (Kataster, Grundbuch) Flurstücke mit historischen Flurnamen. Die Flurnamen sind demnach alte Namen, die oft auch etwas von der ortsüblichen Mundart enthalten.   

Auf der Liegenschaftskarte für Lindlar gibt ein paar Flurstücken bei denen „Süng“ ebenfalls Bestandteil ist:

  • „Am Sünger Weiher“ = beim Teich hinter Bonnersüng, an der Straße nach Unterbüschem, dort wo der Marsiefen in den Sünger Bach fließt
  • „In den Süngen“ = Wiesen zwischen Bonnersüng und Kapellensüng
  • „Sünger Grund“ = Waldstück nördlich vom Löhberg
  • „Am Sünger Siepen“ = Waldstück bei der Quelle des Sünger Bachs. Siepen = Siefen (enges Tal, kleiner Rinnsal)

Schon 1413 wurde der Ort Sune genannt. Was auch immer der Name genau bedeutet, er ist seit langem im Gebrauch. Wenn es später um die Bäche bei Süng geht, werden wir sehen, dass Süng von Senke kommen könnte. Einer Senke in die Wasser fließt. Würde Süng von „Sängen“ (Verbrennen) abstammen, wie ich es mal in der Zeitung gelesen habe, würde mir persönlich die Geschichte dahinter fehlen. (Q: https://www.rundschau-online.de/galgenberg-und-ort-der-stille-11599962)

Vgl. geoportal.nrw/ (Liegenschaftskataster) grundsteuer-geodaten.nrw.de/; tim-online.nrw.de/tim-online2/

Süng im frühen 19. Jahrhundert mit Löhberg und Sünger Berg (Tranchot/v. Müffling). Beschriftet sind hier der Weiler Schlüsselberg, der Löhberg sowie die Ortschaften Süng und Haddergasse (Hartegasse).

Wie es vor einigen Jahrhunderten hier aussah und um damit rekonstruieren zu können, wie es genau zu den verschiedenen Ortsnamen kam, lässt sich kaum noch ermitteln. Erste detaillierte Karten der Umgebung, auf denen nicht nur die Ortsnamen, ansonsten nur eine äußerst grob gezeichnete Landschaft präsentiert wurde, gab es erst im späten 18. Jahrhundert. Die Topgrafische Karte vom Herzogtum Berg von Carl Friedrich von Wiebeking von 1790/1792/1799 zeigt das Bergische Land schon recht detailliert. Eingezeichnet sind Orte, Bäche und auch die Hügel, doch ich würde mich mit der Karte verlaufen und die Sünger Berge sind nicht zu erkennen.

Link zur Wiebeking-Karte: tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/Mappe160_09/0001/index.htm/image

Zwischen Stenenbrük und Müllerhof ist die Steinbrach (=Zur Steinbrache im Vogelberg)
Stohenbach = Stoppenbach
Bruchagen = Brochhagen
Hammen: „ Carl Friedrich von Wiebeking benennt die Hofschaft auf seiner Charte des Herzogthums Berg 1789 als Hamerberg.“ Wikipedia

Nachdem die Franzosen 1794 das linksrheinische Rheinland besetzten begannen sie sogleich mit der Anfertigung von topographischen Karten.  Die Leitung hatte des Geografen Jean Joseph Tranchot (1752 – 1815). Später wurden die Arbeiten auch östlich des Rheins fortgesetzt. Die Tranchot Karte zeigt das Lindlarer Gemeindegebiet also erstmals genauer. Nach den Befreiungskriegen (1813 – 1815) ging das Kartenwerk an die Preußen. Unter der Friedrich Müfflings wurde die Kartenaufnahme fortgesetzt.

Von den Hügeln der Sünger Berge wurde der Hügel bei Stelberg mit „Stell B.“ benannt und ein Hügel bei Süng mit „Löh B“. Die Bezeichnung des Ortes Süng bei Bonnersüng. Eine Unterteilung in Bonner-, Löh- und Kapellensüng fand damals nicht statt.  

In einem späteren Teil, wenn es um die Entstehung der Sünger Berge werde ich näher auf die die Geologie eingehen. Aber hier am Anfang, wo es mir um den Namen Sünger Berge geht, will gleich erwähnen, weshalb auch aus Sicht der Geologie der Name Sünger Berge gut ist. 

In der Geologie wird von Mulden und Sätteln gesprochen. Diese stimmen oft mit den Tälern und Bergen überein, so wie sie im allgemeinen Sprachgebrauch üblich sind. So gibt es hier in der Gegend die Paffrather Mulde, die sich von Bergisch Gladbach kommend bis hier ins Floßbachtal im Gebiet von Wipperfürth zieht. Bei einem genaueren Blick wird hier von der Peffekovener Mulde und von der Dierdorfer Mulde als Verlängerung der berühmten Paffrather Mulde gesprochen. Auf geologischen Übersichtskarten sieht man direkt neben der Paffrather Mulde den Sünger Sattel und daneben weiter südlich die Breuner Mulde, also einerseits die Sünger Berge (Sattel) und andererseits die Breuner Mulde (Sülz- bzw. Breuntal). Sünger Sattel und die Breuner Mulde als Bezeichnungen werden in der geologischen und paläontologischen [Geologie und Paläontologie] Fachliteratur auch verwendet [Beispiele: Sünger Sattel bei Fuchs 1925/1935, Spieker 1950, Breuner Mulde bei Fuchs 1925/1935, Spieker 1950, Schmidt & Trunko 1965, Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen 1965, Ludwig Ahorner/Ulrich Jux 1967, Hellmut Grabert 1980, Hering 1995, Breuner-Mulde.docx und Eingabe beo Google Books] Der Sünger Sattel ist also geologisch belegt, aber als allgemeiner Name, finde ich ihn ungeeignet.

Abbildung: Tektonische Skizze des Sattel- und Muldenbaues im Bergischen Lande (aus Dietz/Fuchs, 1935 ?)

Zu Alexander Fuchs: Fuchs_Alexander_Jahrbuch-Nassauischen-Verein-Naturkunde_98_0008-0016.pdf

Abbildung: Bezeichnungen mit „Süng“ auf einer Karte. Orte, Bäche, Berge, Lagebezeichnung Flur, Sattel

Zur Namensgebung Sünger Berge muss noch erwähnt werde, dass kulturell auch alle Ortschaften der Sünger Berge nach Süng bzw. den Doppelort Kapellensüng/Hartegasse gehören bzw. zugehörend fühlen. Den Kirchturm von Kapellensüng, der direkt am Fuß des Löhbergs steht, ist von vielen Punkten der Sünger Berge sichtbar und sogar weit darüber hinaus.  

Aus Sicht der Geografie könnte man noch von Senken und Rücken sprechen. Bei der naturräumlichen Gliederung gibt es innerhalb der Südbergischen Hochfläche, die Sülzsenken und Sülzrücken. „Das Gebiet reicht im Westen bis südöstlich von Biesfeld, umfasst weiter nordöstlich das Gebiet um Olpe, im Süden das Ufer der Sülz, im Osten das Gebiet um Lindlar, reicht im Osten bis Frielingsdorf und im Norden bis kurz vor Thier.“ (wikipedia). Eine weitere Untergliederung findet innerhalb der „naturräumlichen Gliederung“ nicht statt. Einer dieser Naturräume innerhalb des Naturraums Sülzsenken und -rücken könnte locker mit Sünger Berge bezeichnet werden. 

Literatur/Quellen: