Interview #4: Heidi van den Höfel

Welche Erfahrungen machen andere mit Nature Journaling? Hier sprechen Nature Journalerinnen und Journaler darüber wie sie zum Nature Journaling gekommen sind, wie sie ihre ersten Seiten erstellten und wie sie nun Journalen oder welche Materialien sie verwenden. Hier erhältst Du Tipps aus erster Hand: Inside Nature Journaling

Heidi van den Höfel gründete im Mai 2020 Das-Natur(skizzen)buch-Forum als deutschsprachigen Ableger des Nature Journal Clubs. Derzeit hat das Forum 540 Mitglieder.

Wie hat das bei Dir mit dem Zeichnen und Nature Journaling angefangen?

Heidi van den Höfel: Eigentlich hatte ich seit der Kindheit nicht mehr gezeichnet oder gemalt, da man mir wie fast jedem Kind gesagt hatte, dass ich nicht malen könnte. Die kindliche Förderung in diesem Bereich ist in Deutschland sehr beschämend, zumal zeichnen oder malen so ausgleichend zum Alltagsstress ist.
Da aber Kinder ab der 3. oder 4. Klasse einen höheren Anspruch an ihre Werke entwickeln,  sie möchten dreidimensional oder perspektivisch zeichnen und nicht mehr in der zweiten Ebene hängen bleiben, verlieren sie die Lust am Zeichnen/Malen. Und so ist es mir auch ergangen: >ich kann halt nicht zeichnen…<
Als ich 2011 nach Norddeutschland gezogen bin, war ich fasziniert von der Landschaft und dem Meer, ich wollte es malen können. Also kaufte ich mir eine Aquarellausrüstung und ließ mich in einem Künstlerbedarfsgeschäft beraten. Was natürlich dazu führte, dass ich sehr viel Geld ausgab für qualitativ hervorragende Materialien, da Vince Haarpinsel, Schmincke Farben und Hahnemühle Papier. Das Problem ist aber dann, dass die Sache mit der dritten Ebene ja noch nicht behoben ist!
Natürlich konnte ich immer noch nicht besser zeichnen als zu Kinderzeiten. So kam es dann dazu, dass ich alles wieder beiseite legte und ich mich wieder bestätigt sah, ich kann halt nicht zeichnen.
Doch 2014 oder 2015 kribbelte es mir wieder in den Fingern. Dieses Mal begann ich allerdings mit dem Zeichnen, ich sah mir sehr viele Videos an und wurde auf die Urban Sketchers aufmerksam. Dieser Stil gefiel mir sehr: Mit Fineliner vorzeichnen und dann ganz locker mit Aquarellfarben kolorieren. Ich lernte perspektivisches Zeichnen anhand von Gebäuden, Mauern, Treppen. Aber es war immer noch nicht das, was ich eigentlich wollte …
Anfang des Jahres 2017 bin ich in die Gruppe von Gesche Santen gekommen. Gesche malte Natur und war auch oft draußen vor Ort in der Natur, quasi Nature Sketching statt Urban Sketching. Das gefiel mir sehr gut, und ich habe viel von Gesche gelernt, jedoch das reine botanische Aquarell war mir zu eingeschränkt. Zumal ich zu dieser Zeit die Farbstifte für mich entdeckt hatte und mir bewusst wurde, dass ich halt eine Zeichnerin bin und ich Aquarellfarben nur zum Kolorieren benutze.
Und dann fand ich die Gruppe The Nature Journal Club von Jack Laws (John Muir Laws)! Am 13. Oktober 2018 bin ich dieser Gruppe beigetreten und habe dort meine Heimat gefunden!

Übers Botanische Malen bist du quasi auf Nature Journaling aufmerksam geworden?

Ja. Beim Nature Journal gibt es keine Begrenzung, welche Materialien man verwendet, oder ob es in einem Skizzenbuch eingetragen ist. Hauptsache man beschäftigt sich mit der Natur, und die Themen sind so vielfältig, die Herangehensweise groß. All das entspricht meinem sehr neugierigen Naturell. Dass es diese Möglichkeit, sich mit der Natur zu beschäftigen, dieses großartige Hobby,  nicht deutschsprachig gab, sah ich mit Bedauern. Die Möglichkeit Gleichgesinnte  im deutschsprachigen Raum zu finden, war dadurch nicht gegeben. Aber der Wunsch/Bedürfnis  wuchs in mir.

Dann hast Du eine eigene Gruppe gegründet …

Genau. Am 13. Mai 2020 war dann der Wunsch unausweichlich geworden, dass ich einfach die Gruppe: Das Natur(skizzen)buch ins Leben rief.

Am ersten Tag lud ich einige bekannte Namen in meine Gruppe ein, um die Gruppe in aller Munde zu bringen und die Mitgliederzahl wuchs schnell. Allerdings erntete ich nicht nur positive Äußerungen, sondern auch Neid, und ich war heilfroh, dass sich Bella Perennis bei mir meldete und sich auch gleich für die Gruppe stark machte. Dank ihr sind wir mit der amerikanischen Gruppe „The Nature Journal Club“ freundschaftlich verbunden. Sie hat einige interessante Interviews gegeben und begann das Hauptwerk von Jack ins Deutsche zu übersetzen „The Laws Guide to Nature Drawing and Journaling“. Was nun Lisa Theismann und Gabi Bernet-Zehnder weiterführen, da ich selber völlig unbegabt in Fremdsprachen bin.
Die Entwicklung der Gruppe bestaune ich immer wieder, es werden immer mehr Mitglieder und die Stimmung untereinander ist gut, harmonisch, ohne Streit und böser Worte. So dass Gabi, Lisa und ich die Gruppe gar nicht moderieren brauchen. Es fehlen auch noch gänzlich Regeln und Aufnahmekriterien und das schätze ich sehr. Denn mir persönlich sind Gruppen mit Aufnahmebedingungen und Belehrungen immer suspekt. Wir sind nun schon über 500 Mitglieder.
Die einzelnen Mitglieder entscheiden selber welche Richtungen und Themen sie wählen, und so ist unser Spektrum sehr groß und vielfältig.

Meine derzeitigen Projekte (Lebensprojekte) sind: a. mein Baumbuch und b. das Fichtensterben im Harz. Also mein Interesse gilt ganz eindeutig den Bäumen, dass ist zur meiner Patience geworden.

Du hast dann also 2018 quasi mit Deinem ersten Journal angefangen. Änfängerinnen wissen zunächst nicht mit welchen Materialien sie arbeiten sollen. Welche Stifte, Pinsel, Farben, Notizbücher. Welche Tipps kannst Du da geben?

Mit einem Naturskizzenbuch begann ich 2018.

„Meine ersten Versuche“: Aus den ersten Nature Journalen von Heidi van den Höfel.
„Meine ersten Versuche“: Aus den ersten Nature Journalen von Heidi van den Höfel.

Ich hatte mir im Urlaub 2018 zwei Talens Art Creation Bücher in A5 gekauft und obwohl das Papier weder für Aquarell (Das Wasser zieht direkt in das Papier und dadurch wellt es sich extrem.), noch für Farbstifte (Da das Papier sehr glatt ist, sich dadurch nur eine Schicht auftragen lässt, kann man eigentlich nur sehr präzise auf dem Papier zeichnen. Allerdings möchte man in einem Skizzenbuch skizzieren, also schnell arbeiten, und das sieht dann sehr unschön aus. Dazu passen rauere Papiere eher.) geeignet ist, habe ich in diesen Büchern ansprechende Seiten erstellen können.
Das wollte ich mal erwähnen zu der Frage, welches Papier ich verwende. Denn es spielt im Grunde überhaupt keine Rolle, welches Papier, Stifte, Farben jemand braucht, nur das tatsächliche Tun und Machen ist das Wesentliche, alles andere kommt dann mit der Zeit.

Seiten aus zwei Nature Journalen von Heidi van den Höfel.

Zuvor hatte ich jahrelang den grünen Vang Skizzenblock verwendet, nicht nur weil es mein erster Block war, ich mag ihn auch aus anderen Gründen sehr:
A. ist er sehr preiswert, b. es ist ein Spiralblock, was vor Ort sehr praktisch ist, da man ihn vernünftig aufschlagen kann, c. man auch schon mal ein Blatt entfernen kann und d. das Papier für Farbstifte gut geeignet ist, Fineliner und Füller sowieso, aber er verträgt für seine 115 g auch einiges an Wasser. Außerdem ist er sehr weiß, wodurch die Farben auf dem Papier leuchten und er in vielen Formaten erhältlich ist.

Ein Beispiel auf dem Vang Block von Heidi van den Höfel.

Von Boesner mag ich das Aquarellbuch sehr. Es hat mich überzeugt da es viel Papier für kleines Geld bietet, richtig gut Wasser verträgt. Also wenn man wie ich eine Skizze oder Zeichnung später koloriert. Nass in Nass funktioniert nur bedingt, da stößt das Papier auch an seine Grenzen. Aber das ist auch bei den teuren Hahnemühle Watercolor u.a. ebenso. Auch von diesem Buch gibt es viele interessante Formate, insbesondere quadratisch, was ich persönlich sehr mag.

Seiten im Boesnerbuch von Heidi van den Höfel: Baum-Mitbewohner.
Seiten im Boesnerbuch von Heidi van den Höfel: Acker-Schachtelhalm.
Seiten im Boesnerbuch von Heidi van den Höfel: Löwenzahn.

Natürlich besitze ich auch teure Bücher, z.B. ein teures Stillman Birn, von dem ich dann sehr enttäuscht wurde, da es, obwohl es das versprach, nicht für Mixed Media geeignet war. Nostalgie von Hahnemühle ist sehr schön für Farbstifte, doch meiner Meinung nach verträgt es gar kein Wasser. Aber das sind ja individuelle Eindrücke, leider muss das jeder für sich selber erfahren, da jeder anders arbeitet. Das richtige Buch oder eher Block für mich habe ich selber noch nicht gefunden, denn er muss alles können, da ich alle Medien verwende. Nun ja das ist ja auch ein hoher Anspruch (lacht). Momentan benutze ich den Carnet de Voyage Travel Album Block von Clairefontaine, 180g schwer, weißes Papier, mäßig rau. Aquarellfarben funktionieren sehr gut, Farbstifte habe ich noch nicht ausprobiert.

Farbstifte: Polychromos von Faber Castell. Ich habe auch alle anderen Farbstifte ausprobiert und meine Sammlung damit erweitert, aber sie sind einfach die besten. Eine Tabelle für die richtigen Grüntöne, die wir für Naturskizzen brauchen, findet ihr hier.
Aquarellfarben: White Night sind absolut Spitze und kommen denen von Daniel Smith gleich, und sind seeehr preiswert sowie Daniel Smith (Rolls Royce)
Pinsel: für unterwegs nehme ich immer einen Pentel Wassertankpinsel, meist medium.

Danke für das Interview, Heidi, und für die Einblicke in Deine Nature Journale und die Materialtipps.

Der Blog von Heidi van den Höfel erreicht ihr unter:
naturzeichnungen.wordpress.com