Hallo liebe Naturjournaler/innen und alle, die Interesse an Nature Journaling haben!
Seit 2019 findet jährlich die Wild Wonder Nature Journaling Conference statt. Damals vom 12. bis 15. September in Pacific Grove, Kalifornien. Damals standen die Redner noch an richtigen Rednerpulten und sprachen vor Publikum. Wegen der Covid19-Pandemie ab 2020 online via Zoom. Die Vortragenden sah man nun in ihrem Arbeitszimmer oder Atelier. Für die die nicht live dabei sein konnten, gibt es den Videopass, sodass man sich nachträglich die Aufzeichnungen der Konferenz ansehen kann.
Ich habe mir meisten Aufzeichnungen dieser Konferenz angesehen. Hier meine Notizen und ein paar Skizzen die ich während oder nach den Vorträgen gezeichnet habe.
Marley Peifer: Getting started Nature Journaling
Als Einstieg stellte Marley Peifer vor, was Nature Journaling aus seiner Sicht leisten kann:
- Nature Journaling ist ein Lernwerkzeug
- Nature Journaling ist ein Denkwerkzeug (es kann einem helfen einen Sachverhalt zu verstehen)
- Nature Journaling ist ein Kommunikationstool (man kann Leute im Journal zeigen, was man selber macht)
Wichtige Schlagworte beim Nature Journaling:
- I notice = ich bemerke
- I wonder = ich frage mich
- It reminds me of = Es erinnert mich an
Mich erinnert dies auch an die Worte von Charles Darwin:
I think = Ich denke*
*schrieb Darwin 1837 in ein Notizbuch und zeichnete darunter eine Skizze zu den Arten.
Marley Peifer macht die Nature Journal Show, deren Videos auf YouTube zu sehen sind. Dies ist seine beliebteste Show: How to Nature Journal in Ten Steps
Bethan Burton: Using Simple Lines to Capture Our World
In dem Workshop von Bethan Burton ging es um Zeichengrundlagen mit Linien. Sie stellte verschiedene Künstler anhand von einfachen Strichzeichungen vor, Künstler die alle bei der Wild Wonder als Vortragende dabei waren: Melinda Nakagawa (sparkinnature.com), Robin Lee Carlson (robinleecarlson.com), Vitor Velez – The Headless Sketcher, Debbie Kaspari (drawingthemotmot.com) und Clare Walker Leslie (http://www.clarewalkerleslie.com/).
Im Zeichenteil stellte Bethan Burton verschiedene Zeichentechniken mit Bleistiften vor. Sie zeichnete Linien mit mehr oder weniger Druck, nutze Klassiker wie Kreuzschraffur (cross-hatching) oder cross contour lines.
Diese Techniken nutze sie dann, um verschiedene Planzen, Tiere oder Landschaften zu zeichnen.
Bethan Burton sagte, dass sie beim Zeichnen ungefähr achtzig Prozent der Zeit auf das Motiv schaut.
Interessant fand ich ihre Aussage, dass eine ihrer Aufgaben ist, „Menschen zu helfen, Perfektionismus und Kunstängste loszuwerden“. Dabei sei „Skizzieren ist eine Möglichkeit, die uns helfen können, Ängste zu überwinden. So wie wie blindes Konturzeichnen …“
Die Homepage von Bethan Burton: journalingwithnature.com
Unter der URL journalingwithnature.com/podcast findet man ihren Popcast, bei dem sie in über 100 Folgen (Stand 9/2022) Natur Journaler und Künstler interviewt hat.
Sie rief im Juni 2020 die „International Nature Journaling Week“ ins Leben (naturejournalingweek.com)
Robin Lee Carlson: Where the Light Isn’t: Telling Stories with Shadows
Robin Lee Carlson zeigte zunächst einige Zeichnungen aus ihren Skizzenbüchern. Sie zeigte ihren Umgang mit Schatten an Insekten, Pilzen und Pflanzen. Es war wohl eine Blattfußwanze bei dem sie in ihrer Zeichnung tolle Schatten zum Insekt gezeichnet hatte. Um all die Details von Insekten zeichnen zu können, fotografiert sie diese zunächst und zeichnet dann von den Fotos (verständlich, es ist ja schon schwierig manche Insekten überhaupt zu fotografieren). Aber dies hilft auch, um sie bei weiteren Besuchen in der Natur vielleicht doch zu zeichnen.
Sie meint Schatten würden helfen die inneren und äußeren Strukturen von Organismen zu verstehen.
Interessant war eine ihrer Zeichnungen, auf denen sie die Schatten der Bäume zeichnete, die hinter ihr waren, die Bäume selber waren daher nicht auf dem Bild. Sie konnte so das Bild nach hinten vergrößern, indem sie über das eigentliche Motiv, den Schatten als zweite Ebene legte.
Bevor sie eine Skizzen im Workshop zeichnete, zeigte sie noch ein paar Grundlagen des Schattenwurfs. Wenn der Schatten von oben oder von der Seite kommt oder es zwei Lichtquellen gibt.
Sehr interessant waren ihre Erklärungen zu Schatten im seichten Wasser. Das Licht wird von den Wellen gebrochen und erzeugt bei den Wellenbergen helles Licht z.B. auf den Steinen im Wasser und bei den Wellentälern dunkleres Licht.
Die Homepage von Robin Lee Carlson: robinleecarlson.com
Ihr erstes Buch „The Cold Canyon Fire Journals“ enthält ihre Beobachtungen im Cold Canyon in der Nähe des Lake Berryessa in Kalifornien in fünf Jahren. 2015 ist dort ein Feuer ausgebrochen.
John Muir Laws: Composition
Im Workshop von John Muir Laws ging es um einen interessanten Bildaufbau. Man merkte, dass es seine Absicht war, den Leuten das Erstellen von Mehrbildseiten schmackhaft zu machen. Auf die einzelnen Inhalte seines Vortrags will ich gar nicht eingehen, die will ich erstmal für mich selber sacken lassen bzw. das ein oder andere ausprobieren.
Was ich direkt probierte war, vor einer Wanderung schon ein paar Layout festzulegen. Also beispielsweise habe ich meine A6-Skizzenbuchseite so aufgeteilt.
Unterwegs auf meiner Runde von Hartegasse nach Hönighausen und zurück habe ich dann die Rechtecke mit Skizzen gefüllt.
Rosemary Mosco: Cartoons und Comics
Für Rosemary Mosco ist Humor nicht nur lustig, sondern ist darüber hinaus auch nützlich. Sie nutzt Humor um den Menschen etwas über Wildtiere und Naturschutz beizubringen. Beispielsweise hat sie zusammen mit Wissenschaftlerinnen Comics gemacht, die es auch in Wissenschaftszeitschriften wie Nature schafften — jedenfalls dort erwähnt wurden. In ihren Cartoons nimmt sie auch das übliche Leben von Naturbeobachtern auf den Arm. Dabei spricht sie aus eigener Erfahrung. Schließlich nennt sie sich Science Cartoonist.
Sie spricht darüber, dass früher Wissenschaft und Kunst zwei verschiedene Dinge waren. Es gab kaum Vorbilder, die beides verbanden. Eine Ausnahme war z.B. die Paläokünstlerin Ely Kish (1924 – 2014). Rosemary Mosco wollte Naturforscherin werde. Eine Googlesuche brachte sie zur Universität von Vermont (Field Naturalist Program, uvm.edu/cals/plantbiology/field-naturalist-program). Nach diesem Studium entdeckte sie den Humor und brachte diesen mit Wisseschaft zusammen. Sie stellte ihre Cartoons bzw. Comics auf ihre Webseite birdandmoon.com. Sie stellt klar, dass Cartoons keine wissenschaftlich korrekten Illustrationen sind und es in den Cartoons/Comics nicht immer lustig sein muss.
Sie spricht über Fonts, Handschrift, Panelsaufteilung für Zeitungscomics oder für elektronische Medien und über Herstellungstools (analoge und digitale, also Stifte, Computer, Software).
Maryjo Koch: Giving Life to the Eyes of Creatures in Watercolor & Gouache
Zuerst wurde das Auge einer Eule gemalt. Mit verschiedenen Gelb- und Brauntönen malte sie die Augenfarbe. Mit Weiß wurde die Reflexion des Lichtes eingefügt und schließlich wurde berücksichtigt, das man im Auge der Eule auch das Abbild des gegenüberliegenden Himmels sieht, dies wurde mit ein wenig Blau realisiert. Als weitere Augen folgen welche von Fröschen, Reptilien und von einem Leoparden.
Max Romy: How to Capture Landscapes (by visiting Alaska!)
Das es in Alaska 9 Monate Winter Winter ist, war mir selber nicht klar. Max Romy meinte aber, dies würde sich derzeit durch den Klimawandel sehr ändern. Die Winter werden kürzer, die Gletscher in Alaska kleiner. An Wild Wonder nahm er von Reno in Nevada aus Teil. Dort war er selber Teilnehmer einer anderen Umweltkonferenz. So sah man ihn später durch den Konferenzort mit seinem Notebook laufen, sodass Grüße von einer zu anderen Konferenz geschickt werden konnten.
Er erzählte vom schwierigen Zeichnen im kalten Winter, wo er mit dicken Fäustlichen und Wodka im Waterbrush seine Schneehührer zeichnet. Er zeigte einen selbstgedrehten Film (er ist auch Filmemacher) und einige interessante Bilder, in denen er anhand von Tierspuren den Weg von Tierendokumentiert hat. Auf diesen Bildern sieht man nicht nur die Fußspuren, sondern auch die Tiere wie sie durchs Bild wanderten. So kam beispielsweise eine Ziege vor fünf Stunden vorbei, ein Schneehuhn vor einer Stunde und nun Max Romy, schwer bepackt und mit Stöcken.
Akshay Mahajan: Simplify Your Animal Drawings: Boxy Critters
Akshay Mahajan ist tagsüber ein Ingenieur und nachts ein „Wissenschafts-Nerd, eine Art Amateur-Naturforscher-Version von Batman“, so sagt er von sich selber.
In der ersten Übung schob er innerhalb von 2 Minuten verschiedene Tiere ins Bild, die man zeichnen sollte. Mein Ergebnis:
Viele Details sind nicht zu erkennen. Das ist das Problem! Akshay Mahajan entwickelte für sich eine Methode, bei der er sich auf wichtige Erkennungsmerkmale konzentriert.
Er beobachte Antilopen, identifizierte die Merkmaler, zeichnete sich davon Muster (Schablonen), das er kopierte und für seinen Trip zu den Antilopen am Tag darauf nutzte. So konnte er Unterschiede, die er bei den Antilopen sah, in die Muster eintragen.
Diese Methode zeigte Akshay Mahajan anhand von Vögeln und deren Federn. So haben die Vögel eine ähnliche Anordnung der Federtypen, die sich aber in ihrer Farbigkeit unterscheiden.
Fiona Gillogly im Gespräch mit Amy Tan
Amy Tan berichte wie sie vor einigen Jahrten auf Fiona Gillogly kennen lernte und Fiona ihre Mentorin wurde. Beide sind begeisterte Vogelbeobachterinnen und -zeichnerinnen. Während des Gesprächs zeigten sie Seiten aus ihren Journals. Amy Tan berichtet, wie ihre Vögel auf das Futter warten und dann laut herausrufen: „Food truck has arrived!“. Im Gespräch tauschten sie sich aus über ihre Erfahrungen mit ihren Vögeln in ihren Gärten und der Umgebung. Sie sprachen auch über das immer besser werden beim Zeichen je mehr man übt.
Webseite: fionasongbird.com/
Roseann Hanson: Wilde Kunst: Machen Sie Ihre eigene Farbe und Tinte
Roseann Hanson ist Künstlerin, Reiseleiterin und Gründungs-Co-Direktorin der Wild Wonder Nature Journaling Conference und Autorin von „Nature Journaling for a Wild Life“, einem 8-wöchigen geführten Kurs für Anfänger. In diesem Vortrag zeigte sie wie man aus Naturstoffen wie Erden, Stein oder Rinden Pigmente und aus diuesen Farben herstellen kann. Zunächst gab sie einen Rückblick auf die Urzeit der Menschheit, wo Menschen Farben hergestellt haben, um damit beispielsweise die Wände von Höhlen zu bemalen. Sie besprach einige Farbtöne und benannte sie auch anhand ihrer chemischen Formeln. Ein Video zeigte wie sie in ihrem Labor Farben selber herstellt.
Webseite: exploringoverland.com/
Mark Simmons: Magic of Cross-Sections
Mark Simmons beschäftigte sich in seinem Workshop mit Querschnitten („Magic of Cross-Sections“). Als erstes schnitt er einer Paprika in zwei Teile und zeichnete eine Hälfte, indem er einfach die Paprika auf sein Sketchbook legte und den Umriss abzeichnete. So stimmten die äusseren Propertionen ohne aufwendige Messaktionen. Er zeichnete dann noch grob das Innere der Paprika, ergänze die Zeichnung mit einer Bemassung und Farbe. Schliesslich hat er seine Zeichnung noch ein wenig wie mit einer Luftpumpe aufgepumpt – damit meinte er der Zeichnung noch Dreidimensionalität zu geben.
Zur Übung schnitt ich einen Apfel auf und zeichnete ihn mit einem Fineliner.
Dies weitete er dann auch auf Tiere aus.
Die Homepage von Mark Simmons: ultimatemark.com
Yvea Moore „Nature Journaling Our Stewardship“
Yvea Moore vom Nature Journal Club sprach über „Nature Journaling Our Stewardship“. Was kann Stewardship sein? Z.B. Minimierung der ökologischen Auswirkung von uns Menschen. Verantwortungsvolle Nutzung und Schutz der natürlichen Umwelt. Yvea Moore meint: Wir leben hier, es ist unser zuhause, wir kümmern uns darum, zeigen Verantwortung. Beim Nature Journal Club gibt es das Hashtag #NatureJournalStewards.
Sie unterscheidet beim „In-the-field“ Nature Stewardship die Physical tasks und Data Collection. Physical tasks sind z.B. Trash picking, Habitat restoration oder Einsatz als Helfer bei Umweltkatastrophen (Vögel reinigen bei Ölkatastrophe). Data Collection ist z.B. Species monitoring, BioBlitz, Line-point transect oder Quadrat-Monitoring, taking Field photos and adding them to iNaturalist. Sie nennt dies Teil der Community Science sein (= Citizen Science). Sie hält Daten für wichtig, da es Daten sind die zu politischen Änderungen und Entscheidungen führen.
Beim Punkt „In-community nature Stewardship“ führt sie auf: Arbeit mit Schulklassen an Stewardship-Projekten, andere ausbilden, Community Science (= Citizen Science), Online nature stewardship (Bilder, Sounds …), Zooniverse.
Mit Nature Journaling lassen sie die Veränderungen in der Natur festhalten. Z.B. sehen wir, dass eine bestimmte Vogelart in diesem Jahr bei uns nicht aufgetaucht ist.
Zum Abschluss ihres Vortrags stellte Yvea Moore über 20 „Investigative Tools for Nature Journaling your field work“ vor. Darunter: Metadata (Wetter, Ort …), Karten, Landschaften, Wörter, Diagramme, Cartoons, iNaturalist, Merlin Bird ID Sounds, Fotos, sich selber im Journal festhalten, „Start in the field – finish at home“, Gruppen Journale.
Fotos zeigen die Dinge so wie sie sind. Zeichnungen erzählen eine Geschichte. Eine Handschrift gibt das Gefühl einer echten Geschichte, so wie der Blick in ein Tagebuch. Alles in Allem ein sehr guter Vortrag und ein Highlight der Konferenz, aus meiner Sicht, der auch die Zukunft des Nature Journaling zeigt, bzw. aufzeigt, was Nature Journaling beim Naturschutz leisten kann.
Puh, das war viel Input. Tschüss, bis zum nächsten Mal beim Wild Wonder.